Mittwoch, 17. März 2021

Die Bræðuron




Die Bræðuron



Die Gischt stob meterhoch in den schwarzen Himmel, als der Kiel durch den Wellenberg brach wie ein Schmiedehammer durch eine Sanddüne. Die Balken ächzten und knackten bedrohlich, als das Boot in das Wellental stürzte. Die Kräfte des Meeres griffen nach der Konstruktion und suchten danach sie zu biegen und zu verdrehen. Erik umklammerte mit festen Griff den Steven und starrte auf den durch Sturm und Regen zerrissenen Horizont. Meerwasser und Regen bedeckten seinen Helm und durchflossen seinen dichten Bart als er den Kopf zur Rúm drehte. Er blickte in die grimmigen und entschlossenen Gesichter der Männer, die sich wie lebendige Schraubzwingen an die Sessa und Bordwand vergriffen hatten. "Die große Schlange dreht und windet sich!", schrie er gegen Sturm.
Die salzverkrusteten Lippen von Knut formten ein verbissenes Lachen: "Die Götter erwarten uns in der großen Halle, Bruder. Die große Schlange wird uns nicht brechen!" Mit einem Krachen, das selbst den Sturm übertönte, brach der Mast und zog das zerissene Segel wie eine groteske Fahne flatternd in die tobende See. Lars warf sich flach von seiner Sessa und tauchte so unter dem Mast hindurch, der die Bordwand und seinen Riemen zerschmetterte. Das Schiff stieg den nächsten Wellenberg empor und der Jäger rutschte über das Deck nach achtern. Mit einem trotzigen Aufschrei schmetterte Olaf seinen gewaltigen Hammer in die nassen Planken und die Bahn grub sich tief ins Deck. Lars packte den Stiel der Waffe und zog sich zu Olaf, der im nächsten Augenblick seinen Arm mit festem Griff packte. "Auch du wirst mit uns in der großen Halle speisen, Bruder!"
Über die ganze Nacht tobte der Sturm und die Gewalten des Meeres spielten mit dem Schiff wie ein Kind mit seiner Puppe. Erst als das erste Licht des Tages sich mühsam durch die schwarzen Wolken zu kämpfen begann, legte sich der Regen und der Sturm schwächte ab.
Sven stand auf der Bugwand und hielt sich an einem zerschlissenen Seil, welches vom Steven herabhing. Das kupferrote Haar klebte auf seinem Gesicht und seine Augen waren vom Salz so rot wie sein Bart. Erik trat an seine Seite und stützte sich dabei auf seine schwere Axt. "Was siehst du?" fragte er, ohne den Blick vom Horizont abzuwenden. "Unser Schicksal", sagte Sven und zog sich die Kapuze vom Kopf. "Machen wir uns bereit!"

Getragen von den letzten kräftigen Wellen des Sturms brach das zerschundene Schiff in den vom Sturm verheerten Holzkai. Wie ein zu Tode gerittenes Pferd bäumte es sich noch einmal auf und zerbarst als es sich im hölzernen Uferbauwerk verkeilte. Im selben Augenblick sprangen 5 Krieger von seinem Deck und schritten ohne sich noch einmal umzudrehen auf die fassungslosen Hafenarbeiter zu. "Den Göttern zum Gruß, Festländer." sprach Olaf dessen Gesichtszüge vollständig von Bart und Helm verdeckt blieben. " Wir sind die Bræðuron und wir suchen den, den ihr Bærenstyrn nennt!"